Startseite   Wir über uns  Termine  Neuigkeiten  Museumsschänke  Kontakt/Impressum  So finden Sie uns  Archiv  Links

Restaurierung einer Heinkel Perle

Wenn man eine äusserst rare Perle angeboten bekommt und das noch als Spende, sollte man nicht ablehnen. Dies sagten wir uns, obwohl das Moped in einem nicht gerade guten Zustand war. Erleichternd kommt aber hinzu, dass der komplette Rahmen aus Aluminium-Druckguss besteht und daher keine bösen Überraschungen bereithält. Auch der Motor drehte und hatte eine ausgezeichnete Kompression. Also auf den Hänger damit und auf ins Museum. Dort schlummerte die Perle noch drei Jahre bis wir uns aufgrund anderer Projekte an die Restaurierung machten. Die Perle ist eine Spende von Hr. Gustav Schanz aus Freinsheim.

Bei der Bestandsaufnahme stellten wir fest, dass doch einiges fehlte oder Falschteile angebaut waren. So fehlte z.B. die komplette Rahmenabdeckung über dem Tank, auf der auch das fehlende Sitzkissen festgemacht ist. Die Auspuffanlage war irgendwas, nur kein Perle-Auspuff und die beiden Motorbleche links und rechts waren irreparabel verbeult. Und gerade diese Teile gehen ganz schön ins Geld, da man diese auch beim Heinkel-Club nicht so einfach aus der Schublade ziehen kann. Der Auspuff z.B. schlug mit 195 € zu Buche, die Auflage mit Sitzkissen verschlang 136 € und die beiden Blechkappen zusammen 154 €.  Diese Dinger müssen alle neu angefertigt werden und dass dies nicht billig sein kann, weiß jeder Restaurator. Aber sonst haben die Heinkelleute sehr faire Preise.

Nun zur "Live" Restaurierung.  Über den Fortschritt bis zur Fertigstellung informieren wir euch.

Los geht`s natürlich mit dem Zerlegen. Dabei stößt man beim demontieren des Hinterrades schon auf das erste Hindernis. Das Rad will trotz gezogener Steckachse nicht raus. Da muss man erst den sogenannten Stützhebel links ziehen, dann das Rad nach links schieben und das war`s. Es ist auch keine Demontage der Kette notwendig. Sie bleibt an ihrem Platz. Dabei fiel uns auch auf, dass Vorder- und Hinterrad gleich sind, d.h. sie sind untereinander austauschbar. Ansonsten gibt´s bei der Perle keine Probleme. Eine geniale Konstruktion und man kommt überall gut dran, außer, ja außer Vergaser und Luftfilter. Die sind nämlich im Rahmen verborgen und ohne absenken des Motors kommt man da nicht dran. Auch dann ist alles noch eine elende Fummelei. Ebenso der Benzinhahn. Den Heinkelkonstrukteuren fiel nichts besseres ein, als die Benzinzufuhr ebenfalls im Rahmen zu verstecken. Man muss den Hahn regelrecht ertasten, um ihn zu betätigen und muss sich dazu noch die Stellungen Auf, Zu und Res merken. Die Kette, das Ritzel und das Kettenrad, normalerweise Verschleißteile sind wie neu, da die Kette gekapselt ist und im Ölbad läuft. Der Motor wurde gereinigt und äußerlich überprüft. Die Kompression ist hervorragend und der Zylinder und Kolben haben keinerlei Riefen. Die Zylinderlaufbahn ist blank wie ein Spiegel, da sie hartverchromt ist. Wir haben uns dann dafür entschieden, den Motor erstmal nicht zu öffnen. Komplett überholt werden mussten die hinteren Stossdämpfer und die Vorderradgabel, wobei man vor keinerlei Probleme gestellt wird. Auch die beiden Räder konnten wieder verwendet werden, da Felgen und Naben aus Aluminium sind und nur gereinigt werden mussten. Nun zur Lackierung: Die Perle war wie man sieht im Kampfanzug, natürlich in rot und mit zahlreichen Rallystreifen beklebt. Am Kettenschutz und an der Schwinge war noch die Originalfarbe zu sehen, nämlich "Hammerschlag Brillantblau". Diese Farbe kann man bei "Albrecht" oder "Südwest" beziehen. Der Vorteil dieser Farbe ist der, dass man keinen Lackierer braucht, da sie gerollt wird. Das Ergebnis ist fantastisch und die Perle stach und sticht noch heute bei den Alltagsmopeds heraus. Dann kamen noch die echten Wasserabziehbilder drauf, die man bei Kathrin Böhner beziehen kann. Beim Zusammenbau geht auch alles zügig und leicht von der Hand. Nur der Einbau der Kette erfordert etwas Geduld und viel Fingerspitzengefühl, denn das Kettenritzel sitzt mit im Getriebe und ist von außen nur mit einer guten Lampe zu sehen. Da gibt's nur eins: die Kette mit einem Draht über und um das Ritzel pfrimeln. Das macht man am besten bei ausgebauter Antriebseinheit, es sind ja nur vier Schrauben, da man auch den Ausgleichsbalg nur bei abgesenktem Motor einbauen kann. Dieses ist aber normalerweise im Alltagsbetrieb nicht notwendig, da die Kette quasi ewig hält, da diese, wie oben schon bemerkt im Ölbad läuft und die Längendehnung durch einen federbelasteten Kettenspanner kompensiert wird. Beim Auspuff musste ein nagelneuer herhalten, natürlich vom Heinkel Club, da ein falscher angebaut wurde, der zudem noch total unbrauchbar war. Das kann man verstehen, da der Perle-Auspuff ein ganz spezieller ist, und nicht an jeder Ecke zu haben war. Die Seitenbleche des Motors haben wir bewusst als gebraucht erstanden, da wir gerne ein bisschen Patina haben. Der Ausspruch "schöner als neu" ist nämlich nicht unsere Philosophie. Der natürlich auch spezielle Gepäckträger wurde überholt. Auch alle alten Schrauben und Muttern wurden aufgearbeitet und wieder verwendet.

Folgende Bilderdokumentation zeigt die Metamorphose unserer "Perle"

                              

Abholung in Freinsheim     Im zeitgenössischen roten Kampfanzug                                  Bleche irreparabel verbeult   Hammerschlag brillantblau  Wasserabziehbild               Stoßdämpfer überholt                           Ketteneinbau                        

                  

 Schwieriger Ketteneinbau geschafft             Sie wächst        Auspuff neu, Bleche gebraucht    Tief im Innern, Vergaser und Benzinhahn         So gut wie fertig            In bester Gesellschaft im Museum 

Fazit: Bei der Restaurierung einer Perle wird man vor keine größeren Probleme gestellt. Teile gibts fast alle bis auf die letzte Schraube beim Heinkel Club. Allerdings bekommt man verständlicherweise die Ersatzteile nicht geschenkt. Obwohl wir einen Großteil wieder aufgearbeitet haben, schlugen doch etwa 900 Euro zu Buche. Beim jetzigen Zeitwert von etwa 2500 Euro aber vertretbar. Und vor allem, wir haben der Nachwelt wieder ein seltenes und außergewöhnliches Moped erhalten.